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Filmbildende Amine: Nachweis und Analysemethoden

Aktualisiert: 12. Apr.

Zusammenfassung 

Filmbildende Amine (FFAs) sind ein wesentlicher Bestandteil zur Verbesserung der Zuverlässigkeit und Lebensdauer von Wasser- und Dampfsystemen in verschiedenen Industrien geworden. Dieser Artikel bietet eine detaillierte Untersuchung der analytischen Methoden zur Analyse von FFAs und beleuchtet deren theoretische Grundlagen, praktische Anwendungen sowie inhärente Herausforderungen. Er weist auf Besonderheiten bei der Probenahme hin und vergleicht unterschiedliche Verfahren, um eine optimale Lösung zu gewährleisten. Ziel ist es, eine umfassende technische Ressource für Forscher und Praktiker bereitzustellen, die die Wirksamkeit von FFAs in industriellen Anwendungen verbessern möchten.


Einleitung 

Filmbildende Amine werden weitgehend eingesetzt, um Korrosion in Dampf- und Wassersystemen zu reduzieren. Diese Substanzen bilden einen monomolekularen Schutzfilm auf Metalloberflächen, der Oxidation verringert und die Lebensdauer kritischer Infrastrukturen verlängert. Aufgrund ihrer amphiphilen Struktur verankert sich der hydrophile Kopf der Moleküle an der Metalloberfläche, während der hydrophobe Teil eine Barriere gegen korrosive Angriffe bildet. Dieses einzigartige chemische Verhalten hat FFAs zu einem zentralen Bestandteil der modernen Wasserchemie gemacht.


Obwohl ihre Wirksamkeit gut dokumentiert ist, hängen optimale Ergebnisse von präziser Messung, maßgeschneiderter Dosierung und kontinuierlicher Überwachung ab, um die Systemkompatibilität zu gewährleisten. Analytische Methoden, Probenahmeprotokolle und Überwachungstools spielen eine entscheidende Rolle bei der Umsetzung dieser Ziele. Dieser Artikel untersucht die Methoden und Techniken, die eine präzise Anwendung von FFAs ermöglichen, mit Schwerpunkt auf analytischen und betrieblichen Aspekten.


Analytische Methoden

Die genaue Analyse von FFAs ist entscheidend für ihre richtige Anwendung und Wirksamkeit. Dies erfordert Methoden, die die Konzentration von FFAs in verschiedenen Umgebungen präzise messen und systembedingte Variablen berücksichtigen.


Adsorptionsprozess von Filmbildenden Aminen – Diagramm zur Veranschaulichung des Adsorptions- und Schichtbildungsmechanismus von filmbildenden Aminen auf Metalloberflächen zum Korrosionsschutz.
Es kann nur die Restkonzentration im Wasser oder Dampf gemessen werden!

Theoretische Grundlagen der FFA-Analyse

FFAs bestehen typischerweise aus langkettigen aliphatischen Aminen, die mit Metalloberflächen durch Chemisorption und Physisorption interagieren. Diese Wechselwirkungen hängen von mehreren Faktoren ab, darunter pH-Wert, Temperatur und das Vorhandensein konkurrierender Ionen. Analytische Methoden müssen diese Wechselwirkungen berücksichtigen, um zuverlässige Ergebnisse zu liefern.


Die Silverstein-Methode

Die Silverstein-Methode basiert auf der Extraktion von FFAs mittels Methylorange und Chloroform. Dabei wird die Basizität der Aminogruppen genutzt, die mit dem Farbstoff reagieren und einen Komplex bilden. Diese Methode eignet sich besonders für die Detektion niedriger FFA-Konzentrationen in kontrollierten Laborumgebungen.


Verfahren:

  1. Stabilisierung der Probe mit einer Pufferlösung bei einem pH-Wert von 3,4 bis 3,6 zur Sicherstellung einer konsistenten Reaktion.

  2. Zugabe von Methylorange zur Bildung eines Komplexes mit den FFAs.

  3. Extraktion des Komplexes mit Chloroform zur Trennung der organischen Phase.

  4. Messung der optischen Dichte der extrahierten Lösung mit einem Photometer.


Einschränkungen und Anwendungen:

Diese Methode ist äußerst empfindlich mit einem Nachweisbereich von 0-2 mg/l, erfordert jedoch kontrollierte Laborbedingungen und geschultes Personal. Darüber hinaus erfordert der Einsatz von Chloroform strenge Sicherheitsmaßnahmen aufgrund seiner Toxizität.


Die Bengal-Rose Methode

Die Bengal-Rose-Methode verwendet reaktive Farbstoffe zur Bildung eines Farbkomplexes mit FFAs, der anschließend photometrisch analysiert wird. Im Gegensatz zur Silverstein-Methode ist diese Technik flexibler und für den Feldeinsatz besser geeignet.


Verfahren:

  1. Sequentielle Zugabe spezifischer Reagenzien zur Probe, um die Bildung eines rosafarbenen Komplexes zu ermöglichen.

  2. Analyse der Lösung mit tragbaren Photometern zur Bestimmung der FFA-Konzentration.


Vergleich:

Die Silverstein-Methode zeichnet sich durch ihre Präzision aus und ist ideal für detaillierte Laboranalysen, während die Bengal-Rose-Methode Mobilität und Benutzerfreundlichkeit bietet und sich somit besser für Vor-Ort-Bewertungen eignet. Beide Methoden erfordern eine sorgfältige Kalibrierung, um zuverlässige Ergebnisse zu gewährleisten.


Probenahme und Überwachung 

Eine präzise Probenahme ist die Grundlage einer zuverlässigen FFA-Analyse. Fehler in diesem Prozess können zu ungenauen Ergebnissen führen, die die Gültigkeit der Analysen beeinträchtigen.


Häufige Herausforderungen sind thermische Effekte, die die chemische Stabilität der FFAs beeinflussen können. Daher müssen Proben auf 20–25 °C gekühlt werden. Rückstände in Probenahmeleitungen können ebenfalls die Ergebnisse verfälschen, weshalb eine gründliche Spülung von mindestens 15 Minuten erforderlich ist. Zudem können FFAs an Behälterwänden adsorbieren, wodurch die messbare Konzentration sinkt. Der Einsatz von PTFE-Probenflaschen minimiert diesen Effekt.


Herausforderungen bei der Anwendung von FFAs 

Die Anwendung von FFAs ist nicht ohne Herausforderungen. Systemfremde Verunreinigungen, wie organische Stoffe oder konkurrierende Ionen, können die Erkennung und Reaktion von FFAs beeinflussen. In solchen Fällen sind alternative analytische Methoden oder Vorbehandlungsmaßnahmen erforderlich. Zudem variieren die thermischen Stabilitäten von FFAs je nach Formulierung, was für Systeme mit hohen Temperaturen besonders relevant ist.


Die Kalibrierung analytischer Methoden ist essenziell, da verschiedene FFA-Produkte unterschiedlich reagieren können. Besonders bei Langzeitlagerung kann es zu einer chemischen Zersetzung oder Adsorption kommen, was die gemessenen Konzentrationen verfälscht. Daher ist eine sofortige Analyse oder eine Stabilisierung mit speziellen Zusätzen ratsam.


Vergleich analytischer Methoden für Filmbildende Amine – Tabelle zum Vergleich von Labor-, Feld- und Online-Analyseverfahren für FFAs, einschließlich Silverstein-Methode, Hach-Methode 10317, Lovibond-Tabletten, Chemetrics FFA-Test und Waltron FFA-Analysator.
Überblick über die Testmethoden

Fazit 

Filmbildende Amine sind ein unverzichtbares Element für den Schutz von Wasser- und Dampfsystemen. Ihre Fähigkeit, Korrosion zu verhindern und die Lebensdauer von Anlagen zu verlängern, macht sie zu einem zentralen Bestandteil der industriellen Wasserchemie. Eine erfolgreiche Anwendung erfordert jedoch eine präzise analytische Herangehensweise, sorgfältige Probenahmeprotokolle und adaptive Überwachungsstrategien.


Die Methoden von Silverstein und Bengal-Rose verdeutlichen die Notwendigkeit methodischer Präzision, wobei jede Methode spezifische Vorteile für unterschiedliche Betriebskontexte bietet. Die Integration fortschrittlicher Online-Überwachungssysteme ermöglicht eine Echtzeitanpassung der Dosierung und gewährleistet eine durchgängige Schutzwirkung.


Die kontinuierliche Forschung zur thermischen und chemischen Stabilität von FFAs wird ihre Anwendung weiter verbessern. Fortschritte in der Analytik, wie automatisierte Kalibriersysteme und Multi-Stream-Analysatoren, werden die Zuverlässigkeit und Effizienz weiter steigern. Diese Entwicklungen unterstreichen die Bedeutung der Zusammenarbeit zwischen Forschern, Herstellern und Anlagenbetreibern, um das volle Potenzial von FFAs auszuschöpfen und nachhaltige Wasseraufbereitungslösungen zu ermöglichen.


Referenzen

[1] Internationale Vereinigung für die Eigenschaften von Wasser und Dampf (IAPWS). Technische Leitfäden. [2] Britisches Normungsinstitut (BSI). Analytische Methoden für Filmbildende Amine, 1983. [3] Matrix Monitoring Solutions. Feldtestkits für FFAs. [4] Studien zur Stabilität und Reaktivität von Filmbildenden Aminen unter verschiedenen Betriebsbedingungen. Zeitschrift für Industrielle Chemie, 2023.


Autor

Ronny Wagner ist Geschäftsführer der REICON Wärmetechnik und Wasserchemie Leipzig GmbH. Als erfahrener Wasseraufbereitungsexperte ist er auf die Anwendung filmbildender Amine in Wasser-Dampf-Kreisläufen sowie geschlossenen Kühl- und Heizsystemen spezialisiert. Mit über 15 Jahren Erfahrung in der Konservierung von atomaren, fossilen und Industrieanlagen hat er maßgeblich zur Entwicklung von Branchenstandards beigetragen. Als aktives Mitglied von vgbe und der IAPWS Power Cycle Chemistry (PCC) Gruppe war er an der Mitgestaltung internationaler Standards für die sichere und effektive Anwendung von filmbildenden Aminen in der Kraftwerkschemie beteiligt.

 
 
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